Die Ortung anderer Schiffe oder Boote von einem Frachtschiff oder auch einem Sportmotorboot ab 20 m aus erfolgt mit den Augen des Schiffsführers, bei modernen Schiffen unterstützt durch Videokameras, per Radar oder per AIS (Automatic Identification System AIS; zu Deutsch: Automatisches Identifikationssystem). Für die Erkennung per Radar müsste im Ruderboot ein Radarreflektor angebracht sein. Für das AIS-System mit Namenskennung und Bezeichnung des Bootes wäre mindestens ein kleiner Sender erforderlich, der aber einige hundert EURO kostet. Die Binnenschifffahrt würde mit diesem System aber mehr Informationen auf dem Wasser erhalten, als erforderlich wäre.
Der Neusser Ruderverein war 2016 einer von mehreren Rudervereinen der Region, die bei einer längerem Hochwasserperiode des Rheins die Kollision eines Ruderbootes mit einem außerhalb der normalen Fahrrinne zu beklagen hatte. Bei der Ursachenforschung spielen neben früher Dämmerung, Gegenlicht kurz vor dem Sonnenuntergang, Sorgfalt des oder der (Bug-) Steuermanns oder -frau beim Blick in den Rückspiegel oder regelmäßiges Kopfdrehen auch die Faktoren eine Rolle, die sich auf die Sichtbarkeit der Ruderboote durch die Schifffahrt auswirken.
Gerade auch unter dem Gesichtspunkt zweier Unfälle in der zweiten Jahreshälfte 2020 in Bremen und Bonn, wo fußgesteuerte Ruderboote mit Frachtschiffen kollidiert sind und in einem Fall ein Ruderer ums Leben gekommen ist, kann schon heute, vor dem Einsatz der ersten autonom oder ferngesteuerten Schiffe, auf schiffbaren Gewässern der einfach und preiswert zu realisierende Radarreflektor eine erhebliche Erhöhung der passiven Sicherheit bringen.
Der Neusser Ruderverein hat in den letzten Monaten auf dem Rhein mehrere Optionen für Radarreflektoren ausprobiert und alle für gut befunden:
Handelsübliche Sternreflektoren verschiedener Größen (20 x 20 und 30 x 30), ein Stabreflektor und eine Bastelarbeit aus Kartons und Alufolie stehen zum Mitnehmen am Fahrtenbuch am Sporthafen zur Verfügung.
Alle hier gezeigten Lösungen sind mit der Wasserschutzpolizei getestet worden. Sie erhöhen die Sichtbarkeit auf dem Radar der Großschifffahrt deutlich. Zumindest auf dem Rhein sind bei den meisten Schiffen ein Radargerät am Bug und eins am Führerhaus im Einsatz.
Der Schiffsführer des Wasserschutzpolizeibootes WSP 2 (Standort Düsseldorf) kommentierte seine bearbeiteten Radarbilder (Abstand der Messringe jeweils 100 m vom WSP-Boot im gestrichelten weißen Kreis):
„Die Ruderboote mit Radarreflektoren stellen sich als deutliche und gut sichtbare Nutzechos im Radarbild dar. Selbst bei Fahrten nah unter Land kann sich das Nutzecho noch von den Echos der Ufer absetzen.“
Die Wasserschutzpolizei unterstützt unsere Bestrebungen zur besseren Erkennbarkeit der Ruderboote.
Die Tests mit der Wasserschutzpolizei haben auch gezeigt, dass die Reflektoren nicht am Flaggenstock aufgehängt oder aufgesteckt werden müssen. Es reicht, sie im Boot leicht erhöht abzulegen, notfalls auch unter der Abdeckung. Die Radarsignale werden von den Geräten der Berufsschifffahrt aus mehreren Metern Höhe abgestrahlt und von den Reflektoren auch knapp über der Wasserlinie und hinter Holz oder Kunststoff zurückgeworfen. Durch die Form der Reflektoren ergibt sich im Gegensatz zu den glatten und schmalen Metallauslegern ein deutliches Signal.
Optimal wäre, wenn die Bootswerften schon beim Bootsbau im Bug- und Heckbereich sich gegenseitig ergänzende Metallfolien als Radarreflektorflächen in der Bootshaut oder fest aufgeklebt innen im Bootskörper einbauen könnten. Auch diese Variante werden wir in den nächsten Wochen ausprobieren.
Darüber hinaus sind beim Neusser Ruderverein zumindest ab Herbst die vom Fahrrad her gewohnten gelben Warnwesten bei vielen Ruderern und Ruderinnen Standard. unsere Sichtbarkeit für die Großschifffahrt wird damit bei schlechter Sicht um Hunderte Meter vergrößert.