Wer in Neuss Schützenkönig werden will, sollte vorab mit zwei Parteien sprechen: erst mit dem Partner oder der Partnerin, dann mit dem Zug. Denn auch auf den Zug des Schützenkönigs kommen im Laufe des Jahres verschiedene Aufgaben zu. Der neue Würdenträger Christoph II. Heusgen kann sich diesbezüglich aber glücklich schätzen: Der Schütze kommt aus einem Zug mit Erfahrung. Schon zwei Mal stellte der Schützenlustzug „Nur So“ den Neusser König. Anfangs war es jedoch nicht die Leidenschaft fürs Brauchtum, welche die Mitglieder zusammenführte.
Alles begann im alten Stadtbad. Dort trafen sich die jungen Männer des Neusser Rudervereins jeden Montagabend zum Schwimmen, wie sich Gründungsmitglied Joachim Goetz erinnert. Nach dem Training hätten sie sich dann gerne Geschichten erzählt – auch vom Schützenfest. Denn neben Goetz waren Joachim Eich und Georg Broich zu dem Zeitpunkt bereits Bogenschützen bei den Scheibenschützen. „Wir haben also quasi den ‚Schützenbazillus‘ in die Gruppe der Ruderer getragen“, scherzt Goetz. Denn von da an verfolgten 14 Ruderer ein Ziel: die Gründung eines eigenen Zugs. Am 8. Mai 1971 war es schließlich so weit. Im Bootshaus des Neusser Rudervereins wurde der Zug „Nur So“ ins Leben gerufen.
Christoph Heusgen ist der neue Schützenkönig in Neuss
Ex-Merkel-Berater Christoph Heusgen ist der neue Schützenkönig in Neuss
Um den Namen ranken sich heute die unterschiedlichsten Interpretationen. „Man kann sagen, dass wir einfach ‚nur so’ mitmachen, oder behaupten, dass wir ‚nur so‘ und nicht anders feiern“, erklärt Goetz. Doch der Ursprung war ein anderer. Auf der Suche nach einem Titel, der keinen Bezug zur Jagd haben sollte – wie es bei anderen Zügen beliebt war – tauschten die Mitglieder unterschiedliche Vorschläge aus. So entschied man sich in einer Bierlaune, wie Goetz berichtet, für den „knackigen“ Namen, unter dem sie noch heute marschieren.
Und auch die Philosophie des Zuges hat sich über die Jahre gehalten. Der damalige Major der Neusser Schützenlust, Hans Küppers, war auch Ruderwart des Neusser Rudervereins. Er ebnete den Nur So-lern nicht nur den Weg ins Schützenleben, sondern prägte auch deren Denken: „Ordentlich erscheinen, aber lustvoll und fröhlich leben – das war seine Philosophie und die hat uns über die Jahre getragen“, sagt Goetz. Das heißt: Immer ein bisschen aus der Reihe tanzen, aber niemanden damit kränken. Das Gründungsmitglied erinnert sich beispielsweise daran, wie die damals Minderjährige ihre Schülerausweise manipulierten, um beim Zug mitmachen zu dürfen (was erst ab 16 Jahren erlaubt war).
Bis heute hat der Schützenlustzug mit 23 Mitgliedern keine Satzung. Trotzdem ist die „Ruderfreundschaft“, wie Nur So-ler und Schützenpräsident Martin Flecken sie nennt, nach mehr als fünf Jahrzehnten noch bestehen geblieben. Nach wie vor treffen sich die Mitglieder jährlich zu einer gemeinsamen Rudertour auf der Mosel. Im kommenden Jahr gibt es allerdings noch einen weiteren Höhepunkt: das Neusser Schützenfest mit einem König aus den eigenen Reihen. „Die Freude ist riesig groß, denn auch für den Zug ist das immer ein tolles Erlebnis“, schwärmt Goetz.
Nach Karl-Theo I. Reinhart, der Neuss in den Jahren 2005 und 2006 regierte, erlebte auch Goetz von 2009 bis 2010 das Fest als König. Kein Wunder also, dass der ehemalige König und Schützenbruder Teil von Heusgens Task-Force ist – einer Gruppe aus erfahrenen und hilfsbereiten Zugmitgliedern, die den neuen König unterstützen. Denn auch wenn es noch mehrere Monate bis zum Höhepunkt seiner Regentschaft sind, gibt es schon jetzt einiges zu tun. Für den Krönungsball müssen Einladungen gedruckt, geschrieben und verschickt werden. Gleichzeitig wird die Residenz in der Tückingstraße Neuss vorbereitet, wo der Bogen noch mit Grün geschmückt und die Kaffeetafeln eingedeckt werden müssen. Die nächste offizielle Verpflichtung des Zuges folgt dann am Königsehrenabend 2024, wenn die Zugmitglieder König Heusgen bei der Verleihung seiner Orden behilflich sind.
Info Krönungsball in der Neusser Stadthalle
Ort und Zeit Am Samstag, 2. September, findet der Krönungsball ab 20 Uhr in der Stadthalle statt.
Krönung In der letzten Veranstaltung des Jubiläums-Schützenfestes wird Christoph Heusgen vom Schützenlustzug „Nur so“ als neuer Schützekönig und zugleich Axel Hebmüller als Hoher Reitersieger gekrönt.
Letzter Umzug Bevor die beiden höchsten Repräsentanten auf der Bühne der Stadthalle ihre Plätze einnehmen, findet zu ihren Ehren ein letzter Umzug statt. Die Chargierten aller Korps treten dazu um 18 Uhr uniformiert auf der Michaelstraße an, die Spitze des Zuges Richtung Zollstraße.
Zugweg Der Chargiertenzug führt über Mühlenstraße, Windmühlengasse, Oberstraße, Büchel, Niederstraße, Krefelder Straße, und Kapitelstraße zur Tückingstraße, wo der Schützenkönig seine Residenz hat und den Vorbeimarsch abnimmt. Von dort aus geht es weiter über Schulstraße, Büttger Straße, Benno-Nußbaum-Platz, Sebastianusstraße, Oberstraße und Markt zum Zeughaus. Schließlich setzt sich der Krönungszug von dort aus mit allen Fahnen des Regiments um 19.30 Uhr zur Stadthalle in Bewegung.